Was Zykluswissen in der Psychotherapie bewirkt

Eine Meldung der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) im März 2025 gibt an, dass in der Schweiz etwa jede zehnte Person wegen psychischer Probleme in Behandlung ist. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer. Die Themen sind vielfältig, von Erschöpfung und Ängsten über Depressionen bis hin zu Lebenskrisen.

Auch PatientInnen mit schwergradigen, komplexen psychischen Erkrankungen, wie Traumafolgestörungen, kombinierten Persönlichkeitsstörungen und psychotischen Erkrankungen, wie z. B. Schizophrenie, werden von psychologischen PsychotherapeutInnen behandelt und therapiert. Sie haben ein vertieftes, psychologisches Wissen über das Verhalten und Erleben von uns Menschen, über psychische Erkrankungen, entsprechende Therapiemethoden, innere Muster, deren Entstehung und Funktionen, sowie über die Bedeutung herausfordernder Verhaltensweisen der PatientInnen und wie damit umzugehen ist.

Was dabei bisher kaum Beachtung findet, ist der weibliche Zyklus.

Doch wie wir bereits wissen, beeinflusst er unsere Stimmung, unser Denken und die eigene Belastbarkeit, also auch den Verlauf einer Therapie, oder? Sollte es da nicht zum Standard gehören, dass jede Frau erst einmal ein Zyklusrad ausfüllt, und könnte Psychotherapie nicht noch viel wirkungsvoller werden, wenn sie das Zyklische einbezieht?

Diese Fragen habe ich mit Angela Teuscher besprochen, einer eidg. anerkannten Psychotherapeutin, die zusammen mit drei PsychiaterInnen und einer anderen psychologischen Psychotherapeutin in der Praxis Burgzentrum in Thun tätig ist.

Angela verbindet in ihrer Praxis fundiertes psychologisches Wissen mit einer tiefen Achtsamkeit für die natürlichen Rhythmen des Lebens, im Innen wie im Aussen. In ihrer Praxis fliesst das Zykluswissen ganz selbstverständlich in ihre Arbeit ein, in den Ablauf der Sitzungen, in die Atmosphäre im Raum und in die Haltung, mit der sie ihren Patientinnen begegnet.

Sie ist überzeugt: Wenn wir das Zyklische verstehen, verstehen wir auch uns selbst ein Stück besser und Heilung darf noch natürlicher geschehen.

Wann trifft Psychotherapie auf Zykluswissen?

Josianne: Natürlich bin ich neugierig und finde es spannend zu wissen, ob Zykluswissen in deiner Ausbildung zur Psychotherapeutin überhaupt vorkam.

Angela: Nein, das kam überhaupt nicht vor und ich vermute, dass es auch heute noch nicht vorkommt. Ich denke, dass es am fehlenden Wissen und Bewusstsein liegt, welche Wichtigkeit das Zykluswissen hat und wie stark es unsere psychische Gesundheit sowie den Erfolg einer Psychotherapie beeinflussen kann. In den letzten Monaten habe ich überraschenderweise in zwei Austrittsberichten (Tagesklinik und stationäre psychiatrische Klinik) zum ersten Mal gelesen, dass in der Behandlung meiner Patientinnen Überlegungen zum Zykluswissen gemacht wurden. Das hat mich sehr gefreut! Es scheint sich also etwas zu wandeln.

Josianne: Nun spreche ich mit dir, weil ich weiss, dass das Zykluswissen bei dir Teil deines Praxisalltags als Psychotherapeutin ist. Kannst du erzählen, inwiefern das so ist?

Angela: Ja, seit ein paar Jahren lasse ich das Zykluswissen bewusst in meinen Arbeitsalltag einfliessen. Ich arbeite zum Beispiel über die hellen Sommermonate länger und verkürze Ende Herbst bis Anfang Frühling meine Arbeitszeit. Ich teile das auch meinen PatientInnen bewusst so mit. Gerne richte ich zudem mein Büro jeweils ein bisschen nach der Jahreszeit ein. Ich benutze entsprechende Duftsprays und ätherische Öle, Therapiesitzungen finden in den warmen Sommermonaten eher draussen statt, und ich bereite im Winter warmen Tee und im Sommer kühlendes Zitronen-Minze-Wasser für die PatientInnen vor. Ich versuche Ihnen damit bereits in der Umgebung der Therapiesitzung eine zyklische Orientierung zu geben, und mir selber ist es so auch viel wohler. Ich mag diese Abwechslung und das Zyklische in meinem Alltag sehr.

Josianne: Was du jetzt beschrieben hast, hat sich auf den Jahreskreis bezogen und die Orientierung im grossen Ganzen? Spielt auch der Zyklus der einzelnen Frau, also deiner Patientinnen, eine Rolle dabei, wie du die Sitzungen gestaltest?

Angela: Ja, auf jeden Fall. Bei meinen Patientinnen, insbesondere bei denen, welche jeweils unter starker PM(D)S oder Menstruationsbeschwerden leiden, gestalten wir die Therapiesitzungen entsprechend dem Zyklus. So finden die Sitzungen je nachdem in der Praxis, telefonisch oder bei den Patientinnen zu Hause statt. Sie können sich die Schuhe ausziehen, es sich auf dem Sofa bequem machen, ein warmes Kirschsteinsäcklein bekommen, einen Tee geniessen, ruhiges psychotherapeutisches Yoga machen oder andere ressourcenstärkende Sachen wie Entspannungsübungen oder Imaginationen. Natürlich mache ich diese Anpassung der Therapiesitzungen nicht nur bezogen auf den weiblichen Zyklus, sondern insgesamt darauf, was meine PatientInnen in diesem Moment gerade brauchen, um sich bestmöglich wohlfühlen zu können. So fällt das Reden über Schwieriges meist sehr viel leichter. Und auch mir als Psychotherapeutin macht die Arbeit so sehr viel mehr Spass. Es fühlt sich alles viel natürlicher und entspannter an.

Wie Zykluswissen die Psychotherapie verändert

Josianne: Was verändert sich aus deiner Sicht bei einer Frau, wenn sie beginnt, ihr zyklisches Wesen zu verstehen? Auch in Bezug auf Selbstfürsorge und Selbstakzeptanz?

Angela: Meine Patientinnen können ihre Krisen, Hochphasen, Schwankungen und häufig auch die gereizte Stimmung viel besser verstehen und einordnen. Das ist sehr entlastend. Wir finden in der Therapie gemeinsam heraus, was ihnen diesbezüglich helfen könnte. Konkrete Strategien und Unterstützung, angepasst auf den Zyklus, steigern das Gefühl von Selbstwirksamkeit («Ich kann etwas tun!»). Meine Patientinnen entwickeln so mehr Selbstmitgefühl, schauen sich selber besser. Dies führt zu einer deutlichen Verbesserung der psychischen Gesundheit und beugt erheblich zukünftigen Krisen vor. Mit meinen männlichen Patienten mache ich übrigens ganz ähnliche Erfahrungen, wenn ich das zyklische Wissen hinsichtlich der äusseren Jahreszeiten einbeziehe. Mit einigen Frauen haben der mitbehandelnde Psychiater und ich zudem herausgefunden, dass der Start mit einem Medikament je nach Zyklusphase sehr gut oder sehr schlecht vertragen werden kann. Dies wird bislang in der Psychiatrie überhaupt nicht beachtet, wäre aber ein ganz wichtiges Zykluswissen!

Josianne: Bei welchen psychischen Themen oder Diagnosen würdest du Zyklusbewusstsein als besonders unterstützend empfehlen und warum?

Angela: Ich würde es ganz grundsätzlich empfehlen, es ist aus meiner Sicht eine der Grundlagen für unsere psychische Gesundheit. Wichtig dabei ist, die Patientinnen und Patienten immer dort abzuholen, wo sie stehen. So spreche ich jeweils bei einer ersten passenden Gelegenheit (mal früher, mal später) das Zykluswissen an und beobachte, wie mein Gegenüber darauf reagiert. Vielleicht ist er oder sie Feuer und Flamme und sehr dankbar für konkrete Tipps, Infos und dass wir uns in der Therapie näher mit dem Ganzen befassen. Vielleicht tut sie oder er das sofort als Nichtigkeit ab. Dann respektiere ich dies und merke mir, dass da wohl ein starkes und momentan wichtiges Schutzmuster aufgefahren ist, hinter dem vermutlich ganz viele Verletzungen liegen. Im Laufe der Therapie versuche ich immer mal wieder, sanft den Fokus auf dieses Schutzmuster zu legen, um gemeinsam mit den PatientInnen zu erforschen, was wohl dahinter verborgen ist. So schaffen wir Schritt für Schritt nach dem inneren Kompass und dem Tempo der PatientInnen Raum, damit auch hier das Zykluswissen Platz bekommen kann.

Ich erlebe das Zykluswissen auch insbesondere als unterstützend, wenn es darum geht, wann welche Themen wie bearbeitet und angegangen werden.

Josianne: Kannst du an der Stele mal konkrete Beispiele machen und erzählen, mit welchen Themen Frauen zu dir kommen und wie das Zykluswissen die Psychotherapie beeinflusst?

Angela: Ja, gerne. Typischerweise kommen meine PatientInnen im äusseren Herbst mit gefühlt tausend To-Do-Listen und Ideen, was sie noch alles erledigen und neu angehen wollen. So lasse ich hier meist das Zykluswissen einfliessen und erkläre, dass es im Herbst darum geht, sich so langsam auf den Winter vorzubereiten, «das Nest auszumisten» und es sich zur Vorbereitung auf den inneren Winter so richtig gemütlich einzurichten. Der Winter ist dann eine wunderbare Zeit, um all die neuen Themen, Projekte und Ideen konkreter werden und reifen zu lassen. Das nimmt vielen grossen Druck weg.

Sehr schön finde ich, dass durch das Zykluswissen den Ruhephasen eine Neubewertung zukommt. Sie gehören nun ganz offiziell dazu, bekommen ihren eigenen Platz und ihre Wichtigkeit und sind nicht mehr «das unangenehme sich-erholen-müssen, weil man halt nicht mehr mag». Es ist meist auch ein starkes Entschleunigen, das Achten der eigenen Grenzen sowie eine wertvolle Selbstfürsorge, wenn man sich in der Psychotherapie im Winter erlaubt, eher Ressourcen zu stärken und das konkrete Angehen herausfordernder Themen auf den nächsten inneren Frühling zu planen. Im Frühling erwähne ich jeweils, dass sich die PatientInnen Zeit lassen dürfen, sich erst aus dem Winterschlaf räkeln sollen, und nicht kopfüber in die Umsetzung reinstarten. Im inneren Sommer bestärke ich sie, dass jetzt die Energie für genau das genutzt werden darf, was sie erfüllt. Nicht für alle To-Dos, die liegengeblieben sind, und auch nicht für alle Aktivitäten, die «man im Sommer doch so macht». Nein, genau für das, was jede und jeden ganz individuell erfüllt.

Josianne: Gab es für dich persönlich oder mit deinen Patientinnen einen Schlüsselmoment, wo dir bewusst wurde: Das Zykluswissen ist alles andere als Hokuspokus – sondern pure Basisarbeit für die Gesundheit?

Angela: Erstmals habe ich vom Zykluswissen erfahren, als mir eine meiner Patientinnen von dir und deinem Buch erzählt hat. Ich war sofort Feuer und Flamme, es war, als käme ein uraltes Wissen zu mir, das ich tief in mir drin eigentlich immer schon unbewusst gespürt hatte. Und seit ich einige Kurse bei dir besucht habe, lasse ich das Zykluswissen in meine Arbeit einfliessen und gebe somit das weiter, was ich selber ursprünglich von einer meiner Patientinnen erfahren habe. Das finde ich auch einen wunderschönen, fliessenden Zyklus!

Josianne: Oh ja, das ist es! Vielen Dank, für das spannende Gespräch und alles Gute für dich und dein Wirken.

Blog-Winter

Hoi, ich bin Josianne,

die Frau hinter Quittenduft. Als Menstruationskundige und Zykluscoach gebe ich seit über 10 Jahren mein Wissen rund um den weiblichen Zyklus weiter. So auch hier auf meinem Blog, der dich dabei unterstützen soll, besser zu verstehen, was es mit dem zyklischen Leben auf sich hat. Mal nachdenklich, mal frech, mal superklug – aber immer bloody lesenswert.

Hat dir das gefallen und du möchtest mehr über das zyklische Leben erfahren? Dann melde dich für die kleine Schritt-für-Schritt-Einführung in den Zyklus an. Wir lesen uns.

Mit «Hello Zyklus!» Schritt für Schritt ins zyklische Leben eintauchen

Ich, Josianne, erkläre dir in 3 Schritten höchstpersönlich die Basics:

  • Was es mit dem inneren Frühling und Sommer auf sich hat und was du in der ersten Zyklushälfte beachten darfst, damit du nicht ausbrennst und uf dä Felgä bei der nächsten Mens ankommst.
  • Selbstbeobachtung: Das A und O im zyklischen Leben - wie du ganz easy damit beginnst und warum es dir hilft, ALLE Zyklusphasen smart für dich zu nutzen (inklusive Zyklusrad zum Ausfüllen.)
  • Wie du dich so durch den inneren Herbst und Winter navigierst, dass du die Zeit vor und während der Mens nicht mehr absitzt, sondern in Zukunft bloody good meisterst.

Bereit für «Hello Zyklus!»? Dann melde dich jetzt für 0 CHF an und erhalte in 3 E-Mails und 2 Videos deine persönliche Schritt-für-Schritt-Einführung zum zyklischen Leben!

Nach «Hello Zyklus!», deiner Einführung ins zyklische Leben, bekommst du im Anschluss automatisch meinen legendären Newsletter. Er unterstützt dich darin dranzubleiben, bringt dich zum Schmunzeln und versorgt dich mit allen News aus dem Quittenduft-Universum. Natürlich kannst du dich jederzeit abmelden. Details findest du in der Datenschutzerklärung.