Gegenwind

Seit ein paar Tagen sind wir zurück von der Insel Ame­land. Eine idyl­lis­che Insel im Wat­ten­meer, wo die Land­schaft vom Wind geprägt ist, und die Gezeit­en den Rhyth­mus vorgeben.

27km ist die Insel lang, 4km bre­it, und lustig: nur ca. 4m hoch. Die Strecke, die gut befahrbar ist, ist magere 13km lang.

13 km. In 35 Minuten mach­bar. Auss­er, es herrscht Gegen­wind. Und über diesen Gegen­wind habe ich ziem­lich viel zu sagen.

(Und nein, ich bin kein Reise­büro, und gebe keine Ame­land-Ferien-Tipps ab. Nur so viel: Mir gefällts. Falls du keine Lust hast auf Sand im Handy, im Porte­mon­naie, in den Unter­ho­sen, im Bett und zwis­chen den Zäh­nen, dann fahr woan­ders hin).

Ich schreibe hier über Gegen­wind. Den, den ich auf dem Fahrrad zu oft gespürt habe. Ver­flucht habe. Und über Rück­en­wind, der ein­fach geil war!

Natür­lich tran­skri­biere ich das Ganze auf den Men­stru­a­tion­szyk­lus:

Man kön­nte sagen, Rück­en­wind ist die erste Zyk­lushälfte, als von nach der Men­stru­a­tion bis nach dem Eis­prung. Der innere Früh­ling und der innere Som­mer.

Gegen­wind ist die zweite Zyk­lushälfte, also vor und während der Men­stru­a­tion. Der innere Herb­st und der innere Win­ter.

Und jet­zt stell dir die Josianne vor auf dem blauen Fahrrad, in Ame­land. Dass ich nicht so die Sport­skanone bin, ist ja kein unbekan­nter Fact. Aber in die Ped­ale zu treten wie die Sau und trotz­dem prak­tisch an Ort und Stelle zu bleiben – oh Gegen­wind – brauchte einiges an men­taler Kraft. Und aus den 35 Minuten wur­den 1h 35 Minuten.

Fahrradgedanken…..

.….. Gegen­wind:

  • Scheisse ist das streng.
  • Näch­stes Mal miete ich ein eBike.
  • Wieso lächeln die aus der Gegen­rich­tung alle so doof?
  • Wow, ich wusste gar nicht, wie stark ich bin.
  • Fuck. Fuck. Fuck.
  • Soll ich hin­ter die näch­ste Düne liegen und nie mehr auf­ste­hen?
  • Mann ist das Fahrrad schlecht. Luft­druck zu tief, und es hat Links­drall.
  • Shit meine Knie. Bin ich echt schon so alt? Wer­den ja lustig, die näch­sten 40 Jahre!
  • Läck, bin ich zäh.
  • Läck, spüre ich mich gut.
  • Läck, ist der Wind kräftig.
  • Ich müsste eigentlich in die andere Rich­tung fahren, um ihn zu nutzen.

….. Rück­en­wind:

  • Ich kann jet­zt auch so blöd lächeln, denn Rück­en­wind macht richtig hap­py.
  • Sehr geil. Es darf auch ein­fach sein.
  • Oh shit, hof­fentlich hal­ten die Brem­sen, wenn nicht, wird der Absprung schmerzhaft.
  • Sehe ich das Ende des Weges, wenn ich so schnell bin? Habe ich genug Reak­tion­szeit, um am Schluss des Weges nicht über die Klippe zu stürzen? (Ha! Der Sturz wäre ja höch­stens 4m, in den Sand. Würde ich wohl über­leben.)
  • Juhui­i­ii, ich lasse mich treiben.
  • Danke – ich bin nicht alleine. Die Natur hil­ft mir!
  • Wind im Haar und der Ruf des Kieb­itzes in der Luft – göt­tlich!

Zyklusgedanken…..

…. Gegen­wind im Men­stru­a­tion­szyk­lus:

  • Eine unglaublich gute Möglichkeit, um eine Qual­ität­skon­trolle vorzunehmen: Bin ich so unter­wegs im Leben, dass es mir gut­tut?
  • Kann ich mit Wider­stand umge­hen, oder haut mich Wind­stärke 1 bere­its aus den Sock­en?
  • Ist mein Equip­ment in einem guten Zus­tand? Bin ich im All­t­ag so ein­gerichtet, dass meine Organ­i­sa­tion, meine Pla­nung, meine Kom­mu­nika­tion mir dient?
  • Habe ich Ressourcen? Habe ich mir in der ersten Zyk­lushälfte gut genug geschaut, dass ich in der zweit­en Zyk­lushälfte noch Energie zur Ver­fü­gung habe?
  • Ist umkehren erlaubt? Von ein­er Entschei­dung zurück­zutreten? (JA! IST ES!)
  • Kann ich aufhören? Hin­ter die Düne liegen? Oder bricht gle­ich das (Fam­i­lien, Arbeits-) Sys­tem zusam­men?
  • Kann ich Wider­stand umlenken, damit ich die Kraft für mich nutzen kann?

…. Rück­en­wind im Men­stru­a­tion­szyk­lus:

  • Erlaube ich mir, für meine Visio­nen und Pro­jek­te einzuste­hen?
  • Geniesse ich den Schub, den Auftrieb, und koste ich mein Leben aus? (Wir haben ja nur eines. Wahrschein­lich).
  • ES DARF AUCH EINFACH SEIN! Wieder­hole das 100x vor dem Spiegel. Bis du in Trä­nen aus­brichst. It helps.
  • Erin­nere ich mich an weniger kraftvolle Phasen, und kann ich mir in den ein­facheren Zeit­en ein Resilienz-Pol­ster zule­gen?
  • Habe ich meine Brem­sen in Griff, dass ich nicht gegen die näch­ste (innere Herb­st-) Wand klatsche?
  • Erhalte ich Rück­endeck­ung, Stärkung, durch mein Umfeld? Ste­hen sie hin­ter mir, zu mir? (Falls nicht…. Tja, soll ich diese Wurm­büchse jet­zt noch öff­nen? Ich lasse es bleiben, und lasse die Wat­ten­vögel die Würmer fressen…).

Am Wat­ten­meer haben sie, Men­schen, Tiere und Pflanzen, gel­ernt, mit den Naturge­wal­ten zu leben. Sie haben gel­ernt, die natür­lichen Begeben­heit­en im Kreis­lauf der Natur zu berück­sichti­gen und sie sich zunutze zu machen.

Gelingt uns das auch im Men­stru­a­tion­szyk­lus? Der Zyk­lus, WIR, sind einge­bun­den in diese natür­lichen Rhyth­men. Wir sind Teil davon. Ebbe und Blut, in uns drin. Was für eine tolle Sache!

Ler­nen wir von den Insel­be­wohn­ern: Ras­ten, brüten, beobacht­en, anpassen, Nahrung find­en, weit­erziehen, in den Son­nenun­ter­gang hine­in­fliegen. Alles zu sein­er Zeit, und nicht immer alles miteinan­der.

Blog-Sommer

Hoi, ich bin Josianne,

die Frau hinter Quittenduft. Als Menstruationskundige und Zykluscoach gebe ich seit über 10 Jahren mein Wissen rund um den weiblichen Zyklus weiter. So auch hier auf meinem Blog, der dich dabei unterstützen soll, besser zu verstehen, was es mit dem zyklischen Leben auf sich hat. Mal nachdenklich, mal frech, mal superklug – aber immer bloody lesenswert.

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