Der innere Herbst – Zyklusphase der Wahrheit

Yes, der Herbst ist da!

Ich freue mich drauf, denn er bringt mein Herz immer wieder zum Tanzen. Die Tage im Wald riechen noch intensiver, das Feuer brennt noch wärmer, jedes Jahr freue ich mich über die ersten gerösteten Marroni.

Das Licht hat diesen besonderen, warmen Glanz und morgens im Tau funkeln die Spinnenweben wie kleine Kunstwerke. Die Tage werden kürzer, die Abende gemütlicher. Mein Teekonsum steigt nochmal an, meine Kinder hören auf nach Badi-Besuchen zu fragen (zum Glück, echt jetzt! Badis sind voll meine No-Go-Zonen…).

Teilst du meine Liebe zum Herbst?

So eine reichhaltige und schöne Jahreszeit, die man leicht lieb haben kann, für alles, was die Natur hervorbringt: fallende Blätter, leuchtende Farben, spektakuläre Sonnenuntergänge. Das ist die goldene Seite des Herbstes.

Herbstzeit ist Bestandsaufnahme – im Aussen wie im Innen

Doch was der Herbst noch ist, und das wissen diejenigen unter euch, die ihre inneren vier Jahreszeiten schon erforscht haben, ist manchmal gar nicht so lustig. Er ist nämlich nicht nur eine goldene, gemütliche Jahreszeit, sondern auch eine Zeit der Bestandsaufnahme, und das kann unangenehm sein.

Ganz automatisch blicken wir zurück, denn das Jahr neigt sich dem Ende zu. Oh ja, die ersten Weihnachtsleckereien stehen schon im Supermarktregal, what the actual fuck … Das letzte Quartal bricht an und plötzlich stellen wir fest: «Oh nein, nur noch zwei, drei Monate und so vieles ist liegen geblieben.»

So wird der Herbst oft zur Qualitätskontrolle unseres Lebens. Einerseits ernten wir die Früchte unserer Mühen, spüren Stolz und Dankbarkeit für das, was gelungen ist. Andererseits melden sich Zweifel: «Habe ich genug erreicht? Mache ich genug? Ist mein Leben so in Ordnung, wie es ist?»

Genau diese Mischung aus Ernte, Dankbarkeit und Zweifeln spiegelt auch das wider, was viele Frauen im inneren Herbst ihres Zyklus, also in der Woche vor der Menstruation, erleben.

Der innere Herbst als Wandelzeit – klar, fokussiert und wild

Der Herbst ist immer eine Wandelzeit. Im Aussen wie im Innen räumen wir auf, lassen Dinge los, verabschieden uns von Illusionen. Ich nenne diese Phase gern die «No-Bullshit-Time»: Alles, womit wir in unserem Leben nicht zufrieden sind, drängt jetzt unübersehbar an die Oberfläche. Was wir uns im inneren Frühling voller Optimismus schönreden und im Sommer freundlich weglächeln konnten, fällt uns spätestens im inneren Herbst auf die Füsse.

Das kann unbequem sein, und gleichzeitig schenkt uns der innere Herbst eine erstaunliche Klarheit. Wir sind fokussiert und wissen plötzlich sehr genau, was wirklich wichtig ist. Vieles, das uns sonst ablenkt, verliert an Bedeutung.

Darum wird der Herbst im zyklischen Leben auch als die Zeit der wilden Frau bezeichnet. Denn dieses Wilde, Lebendige in uns, das klar für sich einsteht, Grenzen setzt und weiss, was es will, ist eine ganz besondere Qualität dieser inneren Jahreszeit.

Fragen, die im inneren Herbst auftauchen

Im inneren Herbst ploppen immer wieder Fragen an die Oberfläche. Manche sind eher praktischer Natur und lassen sich mit kleinen Schritten gut lösen. Andere gehören zu den grossen, schweren Brocken, den Lebensthemen, die jede von uns in ihrem Lebensrucksack hat. Ignorieren geht dann nicht mehr. Es ist, als ob der Herbst uns einlädt (oder zwingt), genauer hinzusehen.

1. Schlaflos vor der Mens
Eine Frage, die mir immer wieder begegnet, lautet:

«Ich habe bemerkt, dass ich vor der Mens nicht gut schlafe. Obwohl ich müder bin und eigentlich gerne mehr schlafen möchte, wache ich immer wieder auf und habe ganz verwirrende Träume. Was könnte dagegen helfen?»

Zunächst einmal: Du bist nicht alleine. Und ich verstehe genau, was du meinst, denn es ist besonders quälend, wenn wir wissen, dass unser Schlafbedarf in der zweiten Zyklushälfte nach oben geht und wir eigentlich mehr Schlaf brauchen als in der ersten Zyklushälfte.

Wichtiger als die Frage «Wie schlafe ich perfekt?» ist oft die Frage «Wie gehe ich damit um?» Liege ich wach und ärgere mich, grüble und mache mir Druck? Oder nutze ich die Zeit und träume mich bewusst in schöne Gedanken hinein?

Leg dir ein Notizheft ans Bett und schreibe die Gedanken auf, die dir durch den Kopf jagen. Das kann helfen, nicht endlos in der Grübelschleife festzustecken, sondern noch etwas Sinnvolles zu tun, anstatt fluchend wach zu liegen.

Mir hat vor allem geholfen, mich auf die Gestaltung des nächsten Tages zu fokussieren, und nicht so sehr auf die schlechte Nacht. Heisst für mich: Tagsüber häufiger Pausen machen, langsamer durch den Tag gehen, eine 5 gerade sein lassen. Sich nach einer unruhigen Nacht unter Druck zu setzen mit allem, was ansteht, ist kontraproduktiv.

2. «Ich habe so viele Themen – womit soll ich nur anfangen?»

Wenn du schon eine Zeit lang zyklisch lebst und dir deine Themen im Zyklusrad oder in deiner Agenda notierst, hast du vielleicht bemerkt: In jeder inneren Jahreszeit tauchen bestimmte Dinge auf. Immer wieder.

Oft kommt dann die Frage:

«Wenn ich das Gefühl habe, ich müsste in allen vier Jahreszeiten etwas lernen, heilen oder lösen, wo fange ich dann an? Bei mir kommt ein Gefühl von Überforderung auf, weil ich weiss, es gäbe noch viele Themen, bei denen ich hinschauen darf. Mit welchem Thema fange ich überhaupt an?»

Meine Erfahrung an der Stelle ist, der Freude zu folgen.

Anstatt dich ausschliesslich auf die grössten Probleme oder «Baustellen» zu stürzen, frag dich lieber: Woran habe ich Lust? Welches Thema zieht mich am meisten an? Wo hätte ich am meisten das Gefühl, in meine Kraft zu kommen, wenn ich dort etwas verändere?

Es geht nicht darum, alle Leichen im Keller gleichzeitig auszugraben, sondern Schritt für Schritt. Fang mit dem an, was leicht zu lösen ist und dir Freude bringt. Denn wenn du dort Energie tankst, fällt es dir später leichter, dich auch den schwierigeren Themen zuzuwenden.

3. Wenn sich ein Thema (noch) nicht lösen lässt

Es gibt Situationen, in denen wir ein Thema gerade nicht verändern können, auch wenn es uns sehr belastet. Eine Frau erzählte mir zum Beispiel, wie schwer sie unter ihrer Wohnsituation litt. Sie fühlte sich in ihrer Wohnung einfach nicht wohl. Und doch hingen viele Dinge an diesem Thema, die sich nicht so einfach ändern liessen. Die Kinder gingen dort zur Schule, ihr Partner hatte in der Nähe seine Arbeit, der Immobilienmarkt war leergefegt und teuer. Ein Umzug musste warten.

Solche Themen tauchen im inneren Herbst besonders stark auf. Wir spüren deutlicher, was nicht passt, und leiden doppelt, weil wir es nicht (sofort) ändern können.

Hier liegt die Einladung, kreative Lösungen zu finden. Kannst du etwas verbessern, das in deiner Hand liegt? Wie kannst du die Wohnung (oder Beziehung, Arbeit, Familienleben, etc.) schöner gestalten, auch wenn nicht alles stimmt? Vielleicht neue Wände streichen, Möbel umstellen, mit Feng-Shui experimentieren? Dir gute Noise-Cancelling-Kopfhörer gönnen, wenn es zu laut ist?

Das bedeutet nicht, das eigentliche Problem kleinzureden. Es ist wichtig, es anzuerkennen und im Blick zu behalten. Aber du hast die Wahl, ob du jedes Mal verzweifelst, wenn der innere Herbst dich besonders sensibel dafür macht, oder nach kreativen Lösungen suchst.

Jep, vielleicht planst du auch einfach mal eine kleine Weltreise oder schulst zum DJ um, wenn es in deiner Wohnumgebung zu laut ist. Der innere Herbst ist nicht nur eine Zeit der Probleme, sondern auch eine Zeit für neue Ideen. Manchmal können wir das grosse Ganze noch nicht ändern, aber wir können das, was in unserer Hand liegt, gestalten.

4. Wann ist die beste Zeit für schwierige Gespräche im Zyklus?

Eine Frage, die Frauen mir immer wieder stellen, lautet: «Wann ist eigentlich der beste Zeitpunkt, um schwierige Gespräche zu führen?»

In meinen Workshops und Zyklus-Vorträgen empfehle ich oft den inneren Frühling. Denn in dieser Phase sind wir wortgewandter, mutiger und voller Tatendrang. Eigentlich also ein guter Zeitpunkt, um zu kommunizieren und unsere Themen nach aussen zu bringen.

Doch es gibt immer wieder Frauen, die im inneren Frühling genau das Gegenteil erleben. Frauen, die mit ihrem Partner über etwas Belastendes sprechen wollen, und wenn sie ihm dann gegenüber sitzen, sind sie plötzlich total verliebt und finden alles gar nicht mehr so schlimm. Das, was vor zwei Wochen noch der Grund für Trennungsgedanken war, ist plötzlich wie weggeblasen und hach, dieser Blick in seine wunderschönen Augen …

So kann es im inneren Frühling passieren, dass die Stimmung plötzlich leicht ist, wir herumeiern und der verspielte Teil in uns sagt: «Ach komm schon, geben wir uns noch einmal eine Chance, ist alles halb so schlimm.» Dann flattern wir aus einem geplanten Krisengespräch auf Wolke 7 raus und haben nicht das gesagt, was wir eigentlich wollten.

Das zeigt, dass es nicht den perfekten Zeitpunkt für alle gibt.

Für manche Frauen ist der innere Frühling ideal, weil sie da offen und lösungsorientiert sind. Für andere passt der innere Herbst besser, denn dann sind sie am besten mit sich selbst verbunden und wissen, was sie ändern wollen. No-Bullshit-Time eben, egal wie wunderschön seine Augen strahlen und seine herrlichen Lippen dich zu einem Kuss verführen könnten.

Im inneren Herbst lässt du dich nicht ablenken, bleibst klar und fokussiert und bist damit weniger anfällig dafür, dich wieder von irgendwelchen Illusionen einwickeln zu lassen.

Mein Tipp lautet deshalb: Beobachte dich selbst. Notiere dir, wann du klärende Gespräche führst und wie es dir dabei erging. Mit ein wenig Zykluserfahrung erkennst du schnell, in welcher inneren Jahreszeit du am besten für dich einstehen kannst.

5. Wenn die grossen Lebensthemen im inneren Herbst auftauchen

Nicht alle Themen, die im inneren Herbst sichtbar werden, lassen sich mit einem Kräutertee oder einem neuen Anstrich der Wände lösen. Manche gehören zu den grossen, tiefen Fragen des Lebens.

Ein Beispiel dafür ist ein unerfüllter Kinderwunsch oder auch eine bewusste Kinderlosigkeit.

Viele Frauen erzählen mir, dass sie im Rest ihres Zyklus sehr zufrieden mit ihrem Leben ohne Kind sind. Doch kurz vor der Menstruation, im inneren Herbst, bricht plötzlich Trauer auf. Manchmal mischt sich sogar Angst darunter, die Angst, ohne Kinder im Alter einsam zu sein.

Das zeigt, wie komplex dieses Thema ist. Wir können im Alltag erfüllt und glücklich leben, und doch meldet sich im inneren Herbst die andere Seite. Die Einladung lautet hier, alle Gefühle zu fühlen. Alle Facetten, die zu diesem Thema auftauchen, da sein zu lassen, in jeder Zyklusphase. Die Freude über dein tolles, geniales, jetziges Leben ohne Kind, genauso wie die Trauer oder die Angst, die sich zyklisch zeigt.

Und dann hilft auch hier Kreativität, dieses Lebensthema nach und nach zu integrieren und damit innerlich Frieden zu schliessen. Wo kannst du deine mütterliche Seite leben, auch ohne eigene Kinder? Gibt es Nichten, Neffen, Patenkinder oder Kinder im Freundeskreis, für die du eine enge Bezugsperson sein kannst? Kannst du dir einen eigenen «Clan» erschaffen, eine Gemeinschaft, in der deine Fürsorge gebraucht wird und in der auch du dich geborgen fühlst?

Denn auch Frauen, die keine eigenen Kinder geboren haben, tragen einen mütterlichen Anteil in sich. Und gerade für Mütter kann es eine wertvolle Bereicherung sein, wenn ihre Kinder weitere liebevolle Bezugspersonen haben. (Ich bin ämel immer u-huere froh, wänn anderi Mänsche mine Chind lueged, Spass händ mit ihnä, luschtigi Sache unternähmend. Win-Win für beide, wenn sie die Kinder müde, hungrig und verschmutzt zurückbringen, und ich zwischenzeitlich meinen Akku wieder füllen konnte.)

Manchmal ist es aber auch hilfreich, sich Unterstützung zu holen. Es gibt Therapeutinnen, Heilpraktikerinnen oder Coaches, die Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch oder Kinderlosigkeit begleiten. Denn solche Themen können nicht nur im inneren Herbst, sondern auch im Lebensherbst wieder aufbrechen.

Der innere Herbst ist eine Einladung zu wachsen und zu geniessen

Der innere Herbst im Zyklus und auch der jahreszeitliche Herbst können uns ganz schön herausfordern. Er wirbelt auf, was wir lieber unter den Teppich gekehrt hätten, zeigt uns ungeschönt, was nicht mehr passt, und hält uns den Spiegel vor. Aber genau darin liegt auch seine Kraft. Wenn wir mutig sind, hinschauen und Schritt für Schritt anpacken, dann wachsen wir daran.

So wie wir draussen Laub zusammenkehren (mal angenommen, wir würden Laub zusammenkehren, was ich nicht tue), Besenstrich für Besenstrich, so dürfen wir auch innen immer wieder aufräumen. Nicht alles auf einmal, nicht hektisch, sondern in unserem Tempo. Manchmal heisst das, den alten Kram in uns sammeln, den Shit erkennen und beiseite räumen. Und manchmal heisst es, einfach innehalten, auf dem Gartenbänkli sitzen und die letzten Sonnenstrahlen geniessen, ganz ohne etwas aufzulösen oder zu heilen.

Beides gehört zum Herbst. Und beides darf da sein.

Blog-Herbst

Hoi, ich bin Josianne,

die Frau hinter Quittenduft. Als Menstruationskundige und Zykluscoach gebe ich seit über 10 Jahren mein Wissen rund um den weiblichen Zyklus weiter. So auch hier auf meinem Blog, der dich dabei unterstützen soll, besser zu verstehen, was es mit dem zyklischen Leben auf sich hat. Mal nachdenklich, mal frech, mal superklug – aber immer bloody lesenswert.

Hat dir das gefallen und du möchtest mehr über das zyklische Leben erfahren? Dann melde dich für die kleine Schritt-für-Schritt-Einführung in den Zyklus an. Wir lesen uns.

Mit «Hello Zyklus!» Schritt für Schritt ins zyklische Leben eintauchen

Ich, Josianne, erkläre dir in 3 Schritten höchstpersönlich die Basics:

  • Was es mit dem inneren Frühling und Sommer auf sich hat und was du in der ersten Zyklushälfte beachten darfst, damit du nicht ausbrennst und uf dä Felgä bei der nächsten Mens ankommst.
  • Selbstbeobachtung: Das A und O im zyklischen Leben - wie du ganz easy damit beginnst und warum es dir hilft, ALLE Zyklusphasen smart für dich zu nutzen (inklusive Zyklusrad zum Ausfüllen.)
  • Wie du dich so durch den inneren Herbst und Winter navigierst, dass du die Zeit vor und während der Mens nicht mehr absitzt, sondern in Zukunft bloody good meisterst.

Bereit für «Hello Zyklus!»? Dann melde dich jetzt für 0 CHF an und erhalte in 3 E-Mails und 2 Videos deine persönliche Schritt-für-Schritt-Einführung zum zyklischen Leben!

Nach «Hello Zyklus!», deiner Einführung ins zyklische Leben, bekommst du im Anschluss automatisch meinen legendären Newsletter. Er unterstützt dich darin dranzubleiben, bringt dich zum Schmunzeln und versorgt dich mit allen News aus dem Quittenduft-Universum. Natürlich kannst du dich jederzeit abmelden. Details findest du in der Datenschutzerklärung.